Arbeitszeiterfassungspflicht in Österreich

von Alexander Huber

In Österreich sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Diese Arbeitszeiterfassungspflicht soll sicherstellen, dass die Arbeitszeitgesetze eingehalten werden und Arbeitnehmer fair entlohnt sowie vor Überlastung geschützt sind. Im Folgenden werden der rechtliche Rahmen, die Hintergründe der Pflicht, die Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte, die Konsequenzen bei Verstößen sowie praktische Umsetzungstipps beleuchtet – sachlich und auf Basis seriöser Quellen (WKO, AK, Jusline, Arbeitszeitgesetz).

Rechtlicher Rahmen der Arbeitszeiterfassung

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich in Österreich primär aus dem Arbeitszeitgesetz (AZG). § 26 AZG schreibt vor, dass der Arbeitgeber Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden führen muss, um die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen zu überwachen (§ 26 AZG (Arbeitszeitgesetz), Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht - JUSLINE Österreich). Konkret bedeutet dies, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers festzuhalten; daraus müssen die Tages- und Wochenarbeitszeit sowie die Ruhezeiten ersichtlich sein (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). Pausen zählen ebenfalls zu den aufzeichnungspflichtigen Zeiten, sofern sie nicht ausdrücklich anders vereinbart sind (siehe unten) (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO).

Diese Aufzeichnungspflicht gilt für alle Betriebe und alle Arbeitnehmer, unabhängig von Betriebsgröße oder Beschäftigungsausmaß (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). Auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte fallen darunter (Arbeitszeitaufzeichnung (Arbeitszeitgesetz) | TPA Steuerberatung). Ausnahmen bestehen lediglich für bestimmte Personengruppen, die nicht dem AZG unterliegen – beispielsweise leitende Angestellte im obersten Management oder freie Dienstnehmer, da diese vom Anwendungsbereich des AZG ausgenommen sind (Arbeitszeitaufzeichnung (Arbeitszeitgesetz) | TPA Steuerberatung).

Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeiten lückenlos und korrekt zu dokumentieren. Vorgeplante Dienstpläne allein reichen nicht aus – maßgeblich ist die tatsächlich geleistete Arbeitszeit mit exakten Zeitangaben (tatsächlicher Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Pausen) (Arbeitszeitaufzeichnung (Arbeitszeitgesetz) | TPA Steuerberatung). Ein Dienstplan oder fixe Arbeitszeiteinteilung ersetzt die Aufzeichnung also nicht, außer die Mitarbeiter halten sich ausnahmslos daran und der Arbeitgeber bestätigt zumindest monatlich die Einhaltung (§ 26 AZG (Arbeitszeitgesetz), Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht - JUSLINE Österreich). In der Praxis bedeutet das: Bei fixen schriftlich festgehaltenen Arbeitszeitmodellen (z.B. regelmäßig 8–16 Uhr) darf die laufende tägliche Aufzeichnung entfallen, aber der Arbeitgeber muss zumindest am Ende jeder Entgeltperiode die Einhaltung bestätigen und Abweichungen (z.B. Überstunden oder vorzeitiges Gehen) gesondert festhalten (§ 26 AZG (Arbeitszeitgesetz), Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht - JUSLINE Österreich).

Kontroll- und Auskunftspflicht

Ein weiterer wichtiger Aspekt des rechtlichen Rahmens ist die Kontroll- und Auskunftspflicht. Die Einhaltung der Arbeitszeiterfassung wird vom Arbeitsinspektorat überwacht (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). Arbeitgeber müssen den Arbeitsinspektoren auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen gewähren und alle erforderlichen Auskünfte erteilen (§ 26 AZG (Arbeitszeitgesetz), Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht - JUSLINE Österreich). Außerdem haben Arbeitnehmer einmal pro Monat Anspruch auf Auskunft über ihre aufgezeichneten Arbeitszeiten: Sie können eine kostenlose Übermittlung ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen verlangen (§ 26 AZG (Arbeitszeitgesetz), Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht - JUSLINE Österreich). Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, diesem Verlangen nachzukommen.

Aufbewahrungspflicht

Unternehmen müssen die erfassten Arbeitszeiten auch aufbewahren. Laut behördlichen Informationen sind Arbeitszeitaufzeichnungen mindestens ein Jahr lang aufzubewahren (Arbeitszeitaufzeichnungen) (für bestimmte Berufsgruppen wie Lenker sogar 24  Monate). Diese Archivierung stellt sicher, dass bei Kontrollen oder späteren Ansprüchen Nachweise vorhanden sind.

Hintergrund der Zeiterfassungspflicht

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wurde eingeführt, um grundlegende arbeitsrechtliche Schutzziele zu erreichen. Arbeitszeitaufzeichnungen sind ein zentrales Instrument, um die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten durchzusetzen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2019 betont, dass jeder Arbeitnehmer ein Grundrecht auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf vorgeschriebene Ruhezeiten hat – und dass dies nur gewährleistet werden kann, wenn die Arbeitszeit auch tatsächlich erfasst wird (EuGH-Urteil: Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung). Ohne Aufzeichnungen wäre es kaum möglich zu überprüfen, ob z.B. die tägliche Höchstarbeitszeit oder Ruhepausen eingehalten wurden. Die systematische Zeiterfassung dient also dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und der Vermeidung exzessiver Arbeitsstunden.

Darüber hinaus gibt es wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Gründe für die Aufzeichnungspflicht. Arbeitszeitaufzeichnungen bilden die Grundlage für die Entlohnung – insbesondere für die Bezahlung von Mehrstunden und Überstunden. Nur wenn die Arbeitsstunden lückenlos dokumentiert sind, kann kontrolliert werden, ob alle Überstunden korrekt ausbezahlt oder mit Zeitausgleich abgegolten wurden. Fehlen Aufzeichnungen, besteht die Gefahr, dass Überstunden “unter den Tisch fallen” und Arbeitnehmer um ihren Lohn gebracht werden. Die Arbeiterkammer weist darauf hin, dass die Arbeitsaufzeichnungen für Arbeitnehmer essentiell sind, um die Auszahlung von Mehr- und Überstunden überprüfen zu können (Arbeitszeitaufzeichnung | Arbeiterkammer).

In Österreich ist die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung keine neue Erscheinung, sondern bereits seit Langem Teil der Arbeitsgesetze. Das AZG stammt ursprünglich aus 1969 und enthält seit jeher Aufzeichnungspflichten. Daher hatte das oben erwähnte EuGH-Urteil von 2019 hierzulande keine unmittelbaren Gesetzesänderungen zur Folge, da die strengen Regeln zur Arbeitszeiterfassung bereits bestehen. Die EU-Grundsatzentscheidung diente jedoch dazu, die Bedeutung der Zeiterfassung europaweit hervorzuheben und deren Zweck – Schutz der Arbeitnehmerrechte – zu untermauern.

Auswirkungen auf Unternehmen und Arbeitnehmer

Unternehmen

Für Unternehmen bringt die verpflichtende Arbeitszeiterfassung sowohl Vorteile als auch Herausforderungen. Auf der Positivseite schafft sie Rechtssicherheit und Klarheit: Arbeitgeber, die die Arbeitszeiten korrekt aufzeichnen, können im Streitfall nachweisen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Die Dokumentation bewahrt vor bösen Überraschungen, z.B. plötzlichen Überstundenforderungen ohne Nachweis. Werden die Aufzeichnungen den Mitarbeitern nämlich ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt, können etwaige Ansprüche auf Nachzahlung von Überstunden nicht unbemerkt anwachsen (zu den rechtlichen Fristen siehe Punkt 4). Die Zeiterfassung hilft Unternehmen auch, Überstunden und Mehrarbeit frühzeitig zu erkennen und zu steuern. So können Personalengpässe oder ineffiziente Abläufe sichtbar werden, wenn Mitarbeiter regelmäßig ihre Normalarbeitszeit überschreiten.

Allerdings bedeutet die lückenlose Erfassung auch bürokratischen Aufwand und erfordert organisatorische Maßnahmen. Je nach Unternehmensgröße und -struktur kann die tägliche Aufzeichnung aller Mitarbeiterzeiten eine Herausforderung darstellen. Gerade kleinere Betriebe ohne digitale Systeme empfinden die Pflicht mitunter als administrative Mehrbelastung. Es müssen Prozesse etabliert werden, um die Zeiten zuverlässig zu erfassen (z.B. durch Stechuhr, digitale Zeiterfassungstools oder manuelle Stundenzettel) und zu verwalten. Unternehmen mit vielen Außendienstmitarbeitern oder Homeoffice-Regelungen müssen Wege finden, auch diese Zeiten korrekt zu erfassen, obwohl die Mitarbeiter nicht physisch vor Ort sind. Hier ist zumindest die Meldung der geleisteten Tagesarbeitsstunden erforderlich (Wichtige Aspekte zum Homeoffice | WKO). Die gesetzlichen Ausnahmen (etwa für Arbeitnehmer mit freier Zeiteinteilung, siehe Punkt 5) erleichtern zwar die Dokumentation in solchen Fällen, dennoch bleibt die Verantwortung beim Arbeitgeber, die Einhaltung der Arbeitszeitgrenzen zu überwachen.

​Unternehmen, die auf Vertrauensarbeitszeit setzen, stehen vor der Herausforderung, gesetzliche Anforderungen zur Arbeitszeiterfassung zu erfüllen, ohne die bestehende Vertrauenskultur zu beeinträchtigen. In Österreich sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Dies gilt auch für Beschäftigte im Außendienst oder im Homeoffice, wobei hier oft nur die Dauer der Tagesarbeitszeit festgehalten wird. ​

Die Arbeiterkammer betont, dass trotz gesetzlicher Aufzeichnungspflichten Toleranz und gegenseitiges Vertrauen am Arbeitsplatz wichtig bleiben. Eine detaillierte Erfassung der Arbeitszeit muss nicht zu übertriebener Kontrolle führen; es geht vielmehr um eine verlässliche Dokumentation im Rahmen eines fairen Umgangs. ​

Für Unternehmen besteht die Herausforderung darin, Compliance und Flexibilität in Einklang zu bringen. Die Arbeitszeiterfassung sollte erfolgen, aber möglichst unbürokratisch in den Arbeitsalltag integriert werden, ohne die Motivation der Mitarbeiter zu schmälern. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) empfiehlt, flexible Arbeitszeitmodelle zu nutzen, die sowohl den gesetzlichen Anforderungen entsprechen als auch den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht werden. ​wko.at

Zusammenfassend ist es für Unternehmen essenziell, gesetzliche Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung zu erfüllen und gleichzeitig eine Vertrauenskultur aufrechtzuerhalten. Durch transparente Kommunikation und die Implementierung flexibler Arbeitszeitmodelle kann dieses Gleichgewicht erreicht werden.

Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer überwiegen die Vorteile der Aufzeichnungspflicht deutlich. Sie haben dank der gesetzlichen Vorgaben die Gewissheit, dass alle ihre geleisteten Stunden festgehalten werden – und somit auch Überstunden nicht „unter den Teppich gekehrt“ werden können. Die lückenlose Dokumentation schützt Beschäftigte davor, regelmäßig unentgeltlich länger arbeiten zu müssen. Arbeitszeitaufzeichnungen sind die Voraussetzung dafür, dass Überstunden bezahlt oder durch Zeitausgleich abgegolten werden (Arbeitszeitaufzeichnung | Arbeiterkammer). Gleichzeitig dienen sie dem Gesundheitsschutz: Durch die Aufzeichnungen lässt sich nachvollziehen, ob Ruhezeiten eingehalten wurden, was etwa überlange Arbeitsphasen oder zu kurze Erholungsphasen aufzeigt. Im Ernstfall – etwa bei Streit über ausstehende Überstundenvergütungen – hat der Arbeitnehmer mit den Aufzeichnungen einen Nachweis in der Hand, um seine Ansprüche geltend zu machen.

Zudem räumt das Gesetz den Arbeitnehmern Rechte ein, die ihre Position stärken. Wie erwähnt, können Arbeitnehmer monatlich eine Kopie ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen einfordern (Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht) Dieses Recht fördert die Transparenz: Beschäftigte können die erhaltenen Arbeitszeitdaten mit ihrer Lohnabrechnung abgleichen und prüfen, ob alle Mehrleistungen korrekt berücksichtigt wurden. Werden die Aufzeichnungen nicht freiwillig ausgehändigt, empfiehlt die Arbeiterkammer den Arbeitnehmern ausdrücklich, schriftlich danach zu verlangen, um ihre Ansprüche zu sichern (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). Insgesamt führt die Zeiterfassungspflicht zu einem bewussteren Umgang mit Arbeitszeit auf beiden Seiten. Mitarbeiter gewinnen Klarheit darüber, wie viele Stunden sie tatsächlich leisten, und Arbeitgeber haben einen aktuellen Überblick über die Arbeitszeitkonten ihres Teams.

Eine potenzielle Herausforderung für Arbeitnehmer könnte allenfalls in der Handhabung liegen: Die Pflicht erfordert auch von ihnen Disziplin, z.B. sich beim Kommen und Gehen einzustempeln oder elektronische Zeiterfassungstools korrekt zu bedienen. Fehler oder Nachlässigkeiten bei der eigenen Zeiterfassung können zu Unstimmigkeiten führen. Allerdings bleibt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufzeichnung letztlich beim Arbeitgeber – selbst wenn dieser die Aufgabe an die Mitarbeiter delegiert (siehe nächster Abschnitt) (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). Insgesamt schafft die gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung einen Rahmen, der faire Arbeitsbedingungen unterstützt: Sie verhindert systematischen Missbrauch von Arbeitszeitregelungen und stellt sicher, dass die geleistete Arbeit korrekt registriert und entlohnt wird.

Pflichten und Konsequenzen bei Verstößen

Die gesetzlichen Pflichten zur Arbeitszeiterfassung sind zwingend – Verstöße werden sanktioniert. Wenn ein Unternehmen die Arbeitszeitaufzeichnung nicht oder nur mangelhaft führt, drohen Verwaltungsstrafen nach dem Arbeitszeitgesetz. Das Arbeitsinspektorat prüft die Einhaltung und kann bei Verstößen Anzeigen erstatten (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). In der Folge verhängt die Bezirksverwaltungsbehörde Geldstrafen. Die Höhe der Strafen richtet sich nach Schwere und Umfang des Verstoßes:

  • Mangelhafte Aufzeichnungen: Werden zwar Arbeitszeiten erfasst, aber unvollständig oder fehlerhaft (z.B. fehlen regelmäßig Pausen oder einzelne Tage), so liegt ein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 AZG vor. Dieser wird mit Geldstrafen von € 20 bis € 436 pro Delikt.

  • Keine Aufzeichnungen: Werden Arbeitszeiten überhaupt nicht erfasst (oder so lückenhaft, dass eine Kontrolle unmöglich ist), erhöht sich der Strafrahmen deutlich. Gemäß § 28 Abs. 2 Z 7 AZG kann in diesem Fall eine Geldstrafe von € 72 bis zu € 1.815 pro Verstoß verhängt werden. Bei Wiederholungstätern erhöht sich das Mindeststrafmaß (z.B. mindestens € 145 bei erneutem Verstoß) (Verstöße gehen Aufzeichnungspflicht)

Wichtig dabei: Nach dem Kumulationsprinzip des Verwaltungsstrafrechts wird jede einzelne Verletzung pro Arbeitnehmer separat bestraft. Das heißt, wenn ein Arbeitgeber für mehrere Arbeitnehmer keine Aufzeichnungen führt, wird für jeden dieser Fälle eine eigene Strafe fällig. Fehlen z.B. für 10 Mitarbeiter die Zeitaufzeichnungen, kann die Behörde die Geldstrafe bis zu zehnmal verhängen. Dadurch können die Strafbeträge – insbesondere bei größeren Betrieben – schnell ein empfindliches Ausmaß erreichen. Die Gesetzeslage schließt damit eine Lücke: Früher betrachtete man fehlende Aufzeichnungen oft als ein einheitliches Delikt, was Unternehmen begünstigte, die gar nichts dokumentierten. Jetzt wird klargestellt, dass jede nicht erfasste Person einen eigenständigen Verstoß darstellt (Verstöße gehen Aufzeichnungspflicht).

Neben den verwaltungsrechtlichen Strafen drohen Unternehmen auch arbeitsrechtliche Konsequenzen, wenn sie gegen die Aufzeichnungspflicht verstoßen. Insbesondere entfällt ein wichtiger Schutzmechanismus für den Arbeitgeber: Verfallsfristen für Überstundenansprüche der Arbeitnehmer. Normalerweise vereinbaren Kollektivverträge oder Arbeitsverträge, dass Überstundenansprüche innerhalb einer bestimmten Frist (z.B. innerhalb von 6  Monaten) geltend gemacht werden müssen, sonst verfallen sie. Solange aber der Arbeitgeber den Beschäftigten die Arbeitszeitaufzeichnungen vorenthält oder überhaupt keine führt, ist der Lauf solcher Verfallsfristen gehemmt (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). Das heißt, Arbeitnehmer können auch noch nach langer Zeit Überstunden einfordern, da die Frist erst beginnt, wenn die Aufzeichnungen ausgehändigt werden bzw. Klarheit über die geleisteten Stunden besteht (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). Konkret bestimmt § 26 Abs. 9 AZG, dass Ansprüche, die ohne Aufzeichnungen nicht bezifferbar sind, nicht verjähren, solange der Arbeitgeber seiner Aufzeichnungspflicht nicht nachkommt (Arbeitszeitgesetz) Für Arbeitgeber bedeutet dies ein erhebliches Risiko: Wer keine ordnungsgemäßen Zeitnachweise führt, kann auch Jahre später noch mit Überstundenforderungen konfrontiert werden, gegen die er sich mangels Dokumentation kaum verteidigen kann.

Zusammenfassend haben Unternehmen die Pflicht, Arbeitszeiten korrekt aufzuzeichnen, diese Daten verfügbar zu halten und auf Verlangen auszuhändigen. Die Nichteinhaltung dieser Pflichten ist eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafen sanktioniert wird (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). Darüber hinaus schwächt sie die Rechtsposition des Arbeitgebers gegenüber Ansprüchen der Arbeitnehmer. Entscheidungsträger in Unternehmen sollten sich dieser Konsequenzen bewusst sein: Die Einhaltung der Arbeitszeiterfassungspflicht ist nicht nur gesetzliche Obliegenheit, sondern auch im eigenen Interesse, um Strafzahlungen und langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Praktische Umsetzung und Herausforderungen

Die Umsetzung der Zeiterfassungspflicht in die betriebliche Praxis kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Wie die Arbeitszeit erfasst wird, ist rechtlich nicht strikt vorgeschrieben – entscheidend ist, dass die vorgeschriebenen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß festgehalten werden. Unternehmen haben hier Gestaltungsspielraum, solange die Aufzeichnungen den Anforderungen des AZG genügen. Einige zentrale Punkte und Möglichkeiten zur Umsetzung:

Methoden der Zeiterfassung

Firmen können zwischen analogen und digitalen Systemen wählen. Traditionell wurden Stundenzettel oder Stechuhren verwendet, während heute oft elektronische Zeiterfassungssysteme (Software, Apps, Badge-Karten usw.) im Einsatz sind. Wichtig ist, dass für jeden Arbeitstag Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Pausen dokumentiert werden. Die Aufzeichnungen sollten zeitnah erfolgen, damit sie akkurat sind. Bei manueller Erfassung ist auf Lesbarkeit und regelmäßige Übertragung in ein zentrales System zu achten. Digitale Systeme bieten den Vorteil, dass sie Auswertungen (Wochenstunden, Überstundenkontingente etc.) dramatisch erleichtern. Die Wahl der Methode hängt von der Unternehmensgröße, Budget und Arbeitsorganisation ab. Rechtlich gilt: Ein im Voraus erstellter Dienstplan alleine genügt nicht – es muss die tatsächliche Leistung erfasst werden (Dienstpläne und Zeiterfassung) Daher muss z.B. auch bei Gleitzeit eine nachträgliche Zeiterfassung erfolgen, nicht nur ein Gleitzeitrahmen vorgegeben sein.

Delegation an Arbeitnehmer

In vielen Betrieben – insbesondere bei Gleitzeit oder Außendienst – ist es üblich, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten selbst erfassen (etwa durch Ein- und Ausstempeln oder digitale Eingabe). Dies ist gesetzlich zulässig und gängig, entbindet den Arbeitgeber aber nicht von der Verantwortung. § 26 Abs. 2 AZG erlaubt die Führung der Aufzeichnungen durch den Arbeitnehmer, verlangt aber vom Arbeitgeber, ihn zur ordnungsgemäßen Führung anzuleiten und die Aufzeichnungen regelmäßig aushändigen zu lassen und zu kontrollieren (Arbeitszeit-Aufzeichnungen | Arbeiterkammer Oberösterreich). In der Praxis sollten Unternehmen also klare Anweisungen und Schulungen zur Zeiterfassung geben (z.B. welche Zeiten einzutragen sind, wie Pausen zu buchen sind) und die Einträge z.B. monatlich prüfen. So behält der Betrieb den Überblick und kann bei Unregelmäßigkeiten reagieren. Wichtig: Wenn Mitarbeiter selbst aufzeichnen, sollte der Prozess einfach und transparent gestaltet sein, damit es nicht zu Fehlern oder Manipulationen kommt. Eine digitale Lösung mit Mitarbeiter-Zugriff kann hier hilfreich sein – die Arbeiterkammer bietet z.B. den AK-Zeitspeicher als Tool an (Arbeitszeitaufzeichnung | Arbeiterkammer), den Arbeitnehmer privat nutzen können. Unternehmen selbst setzen häufig auf kommerzielle Zeiterfassungssoftware, die ähnliche Funktionen bereitstellt.

Flexible Arbeitsmodelle berücksichtigen

Viele Unternehmen haben heute Arbeitszeitmodelle jenseits des klassischen „9-to-5“-Büros. Das Arbeitszeitgesetz trägt dem Rechnung und erlaubt in bestimmten Fällen vereinfachte Aufzeichnungen. Konkret müssen bei Arbeitnehmern mit weitgehend selbst bestimmter Arbeitszeit und Arbeitsort (z.B. im Homeoffice oder im Außendienst) nicht Beginn und Ende minutengenau erfasst werden – hier reicht es, die Gesamtdauer der täglichen Arbeitszeit festzuhalten (Arbeitszeitgesetz) Für die Praxis heißt das: Wenn ein Mitarbeiter seine Arbeitszeit frei einteilen kann, dokumentiert er z.B. „8 Stunden gearbeitet“ anstatt 8:00–12:00 und 13:00–17:00 im Detail anzugeben. Diese Erleichterungen dürfen aber nicht missverstanden werden – die Summe der Stunden und die Einhaltung der Grenzen müssen auch hier stimmen. Arbeitgeber sollten klare Vereinbarungen treffen, wann dieses vereinfachte Verfahren anwendbar ist (etwa per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung für Telearbeit). Für normale Bürotätigkeiten mit fester Anwesenheit ist hingegen weiterhin die vollständige Erfassung von Beginn, Ende und Pausen erforderlich.

Pausenaufzeichnungen und Vereinfachungen

Grundsätzlich sind auch Ruhepausen in den Arbeitszeitaufzeichnungen festzuhalten (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). Allerdings kennt das Gesetz eine praktische Erleichterung: Unternehmen können per Betriebsvereinbarung (oder Einzelvereinbarung in betriebsratslosen Betrieben) fixe Pausenzeiten regeln oder ein Gleitzeit-Pausenfenster festlegen, sodass auf die detaillierte Pausenaufzeichnung verzichtet werden kann (Arbeitszeit: Pflichten für Arbeitgeber - WKO). Voraussetzung ist, dass Anfang und Ende der Pause im Voraus bestimmt sind oder die Arbeitnehmer die Pause in einem vorgegebenen Zeitrahmen selbst nehmen können, und dass diese Regelung in der Praxis auch eingehalten wird. Ist dies gegeben und wird nicht davon abgewichen, entfällt die Pflicht, jede einzelne Pause zu protokollieren. Für Unternehmen kann dies den Aufwand etwas reduzieren – beispielsweise wenn in einer Betriebsvereinbarung festgelegt wird, dass alle Mitarbeiter zwischen 12:00 und 12:30 Uhr Mittagspause haben, muss diese nicht täglich einzeln erfasst werden, solange sich alle daran halten. Unternehmen sollten daher solche Vereinbarungen sorgfältig umsetzen und kommunizieren, damit die Ausnahme von der Pausenaufzeichnung rechtssicher bleibt.

Aufbewahrung und Bereitstellung

Wie im rechtlichen Rahmen beschrieben, müssen alle Zeiterfassungsdaten mindestens 1 Jahr lang aufbewahrt (Fristen). In der Praxis sollten Unternehmen ein geordnetes System zur Datenspeicherung nutzen – etwa digitale Archivierung oder geordnete Ablage von Stundenzetteln. Bei elektronischer Zeiterfassung empfiehlt es sich, regelmäßige Datensicherungen vorzunehmen, um keinen Verlust der Aufzeichnungen zu riskieren. Ferner ist wichtig, dass die Daten bei Bedarf schnell zugänglich sind: Bei einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat muss der Arbeitgeber zeitnah die Aufzeichnungen vorweisen können. Ebenso sollten interne Prozesse bestehen, um Anfragen von Arbeitnehmern nach ihren Zeitaufzeichnungen rasch zu bearbeiten, da Arbeitnehmer einen monatlichen Auskunftsanspruch haben.

Genauigkeit und Vollständigkeit

Unternehmen müssen darauf achten, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen stets den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. „Schönfärben“ oder Nachtragen in Sammelblöcken am Monatsende kann riskant sein – bei einer Prüfung könnte auffallen, dass die Zeiten nicht zeitnah erfasst wurden. Besser ist es, täglich bzw. unmittelbar die Stunden zu buchen. Falls Korrekturen nötig sind (z.B. weil jemand vergessen hat auszustechen), sollte das transparent dokumentiert und vom Mitarbeiter oder Vorgesetzten gegengezeichnet werden. Die Genauigkeit ist entscheidend: Unklare oder lückenhafte Aufzeichnungen laufen Gefahr, als mangelhaft gewertet zu werden, was – wie gesehen – Sanktionen nach sich ziehen kann (Verstöße gegen Aufzeichnungspflichten von Arbeitszeitaufzeichnungen - Arbeitssicherheit Profi). Ein bewährter Ansatz ist, Verantwortlichkeiten festzulegen: etwa einen zuständigen Zeitbeauftragten in der HR-Abteilung oder Teamleiter, die darauf achten, dass in ihrem Team die Zeiten korrekt erfasst sind.

Fazit

Die Umsetzung der Arbeitszeiterfassungspflicht erfordert anfangs gewisse organisatorische Maßnahmen, zahlt sich jedoch aus. Unternehmen sollten ein System wählen, das zur ihrer Größe und Arbeitsweise passt, Mitarbeiter einschulen und regelmäßige Kontrollen etablieren. So wird die Zeiterfassung nicht nur zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, sondern kann auch als Management-Tool dienen – um Arbeitszeit und Überstunden im Blick zu behalten und ein faires, transparentes Arbeitszeitsystem zu etablieren. Letztlich profitieren Entscheidungsträger davon, wenn die Zeiterfassungspflicht ernst genommen wird: Sie sichern ihr Unternehmen rechtlich ab und tragen zu einer vertrauensvollen Arbeitsumgebung bei, in der Regeln klar kommuniziert und eingehalten werden. Die Arbeitszeiterfassung ist damit nicht bloß Bürokratie, sondern ein wichtiger Baustein moderner Arbeitsorganisation in Österreich.